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E-Bike Entwicklung: Was macht ein E-Bike Produktmanager?

Von der Marktbeobachtung bis hin zur Sicherstellung der Produktionsabläufe – die Aufgaben eines E-Bike Produktmanagers sind vielfältig. Im Interview gibt uns Kalkhoff Produktmanager Rainer Brinkmann einen Einblick in seinen Arbeitsalltag – und erklärt, worauf es bei der E-Bike Entwicklung ankommt.

Geschätzte Lesezeit: 4 Minuten
Ein Blick hinter die Kulissen der E-Bike-Entwicklung (Foto: Kalkhoff)
Ein Blick hinter die Kulissen der E-Bike-Entwicklung (Foto: Kalkhoff)

Rainer, du bist bei Kalkhoff als Produktmanager im Bereich E-Allroad tätig. Was sind konkret deine Aufgaben?

Ich arbeite seit 13 Jahren bei Kalkhoff und bin heute als Strategischer Produktmanager tätig. Das heißt, ich kümmere mich um die Betreuung verschiedener Modellreihen und plane die Modelle und ihre Entwicklung. In unserem Team bringen wir also zukünftige E-Bike Modelle auf den Weg. Zudem kümmern wir uns um das Design und die Ausstattung. Ich arbeite dabei eng mit dem Technischen Produktmanagement zusammen. Das kümmert sich darum, dass alle geplanten E-Bikes auch technisch umsetzbar sind.

In der Kalkhoff-Produktion in Cloppenburg (Foto: Timo Lutz Werbefotografie)

Womit wir beim Thema sind: Als Produktmanager überblickt du den gesamten Entwicklungsweg eines E-Bikes. Welche verschiedenen Phasen gibt es bei der E-Bike Entwicklung?

Ich würde hier fünf Phasen benennen. Los geht es mit der Idee bzw. einem strategischen Ziel. Wenn ein neues E-Bike Modell entsteht, passiert das nicht auf einem weißen Blatt Papier. Stattdessen gibt es gewisse Rahmenbedingungen. Ein neues Modell kann zum Beispiel ein älteres ersetzen, das nicht mehr aktuell ist. Ein Beispiel wäre eine neue Antriebsgeneration. Aber auch andere Dinge wie Markttrends können eine Rolle spielen. Vor wenigen Jahren galten 50-Millimeter-Reifen noch als breit. Heute ist das das Minimum. Die früheren Rahmen sind aber nicht für 60er-Reifen ausgelegt gewesen – es braucht also neue Rahmen. 

Die andere Variante wäre, dass ein neues Modell eine Lücke in der Produktpalette füllt. Ein Grund dafür wäre, dass man eine neue Produktlinie einführt und hier über die Jahre die Modellauswahl erweitert. Zudem muss das Modell auch zur Marke und deren Ausrichtung passen.

In der Kalkhoff-Produktion in Cloppenburg (Foto: Timo Lutz Werbefotografie)

Wie geht es danach weiter?

Danach wird die Idee umgesetzt. Es werden Projektteams gebildet, die Spezifikationen erarbeitet, Designs werden entworfen und die passenden Komponenten werden ausgesucht. Auch wird die Konstruktion von Rahmen und Bauteilen in den Projektteams begleitet. Schließlich muss das Modell auch baubar gemacht werden. Das heißt, dass die Montage in unserer Fabrik reibungslos funktionieren muss. Der fünfte und letzte Schritt ist dann die Produktion der E-Bikes. Die Aufgaben hören dann aber nicht auf, denn die Modelle erhalten auch eine Nachbetreuung. Bei uns übernimmt das dann aber mein Counter-Part, das technische Produktmanagement.

Wenn du sagst, dass ein E-Bike Modell zur Marke passen muss – was bedeutet das?

Ein gutes Beispiel sind unsere Kalkhoff Plus E-Bikes. Als Marke haben wir grundsätzlich einen hohen Anspruch in Sachen Design, Leistung und Qualität. Zudem wollen wir robuste Alltagsbegleiter bauen, die nicht nur gut aussehen, sondern auch einen hohen Nutzwert haben. Unsere Plus E-Bikes sind deshalb für ein Gesamtgewicht von bis zu 170 Kilogramm ausgelegt. Solche E-Bikes zu bauen, bringt aber viel Arbeit mit sich. Denn das bedeutet, dass jede Schraube unserem Kalkhoff Anspruch gerecht werden muss. Und sie muss dieses Gesamtgewicht von bis zu 170 Kilogramm tragen können. 

Wie lange dauert der gesamte Prozess einer E-Bike Entwicklung?

Das kann ganz unterschiedlich sein. Im Großen und Ganzen würde ich aber drei Jahre Entwicklungszeit plus einige Jahre Grobplanung zuvor schätzen. Ohne zu viel verraten zu wollen, kann ich beispielsweise sagen, dass wir schon heute über Konzepte und Sortimente bis zum Modelljahr 2028 nachdenken. Es gibt mehrere Gründe für diese lange Vorlaufzeit: Zum einen sind E-Bikes in der Entwicklung deutlich komplexer als klassische Fahrräder. Zum anderen muss man als Marke Sortimente immer erst aufbauen. Man kann nicht mal eben eine komplett neue Produktlinie einführen, wenn die Endverbraucher:innen solche Produkte nicht mit der Marke verbinden würden. Gänzliche Neuentwicklungen brauchen daher immer etwas länger.

Du sprichst die Komplexität von E-Bikes an. Kannst du uns ein Beispiel geben, was die Entwicklung so schwierig macht?

Das sind oft banale Dinge. Zum Beispiel muss jede Schraube auf den Millimeter genau die richtige Länge haben. Oder nehmen wir einmal die Bremszüge: Sind die zu kurz, kann das dazu führen, dass man den Lenker nicht vollständig einschlagen kann. Würde so ein Fehler zu spät bemerkt werden, wäre das in der Produktion fatal. 

Für uns bei Kalkhoff gilt das besonders, denn wir produzieren von den verschiedenen Modellen sehr hohe Stückzahlen. Wir müssen also bei der Entwicklung nicht nur die aktuellen Fahrradtrends beachten, sondern eben auch die industrielle Seite. Machen wir im Produktmanagement gravierende Fehler, kann das Rad am Ende nicht produziert werden oder ist nicht wettbewerbsfähig.

Im Produktionsprozess kommt es auf jeden Millimeter an. (Foto: Timo Lutz Werbefotografie)

Was fasziniert dich an dem Job des E-Bike Produktmanagers?

Mir macht es unglaublich viel Spaß, an den Modellen zu tüfteln. So ist es jedes Jahr aufs Neue spannend, wenn wir die nächsten Sortimente planen, denn der Markt ist ständig in Bewegung. Man sieht es ja derzeit, wenn Technologien wie das E-Bike ABS Einzug halten. Das Fahrrad ist zudem ein unglaublich positives Produkt, auch die Branche gefällt mir. Um es salopp zu sagen: Der Job macht einfach sehr viel Bock.

Rainer, vielen Dank für das Gespräch!


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